Sprachreisen Blog, Erfahrungsbericht
Erasmus+ Französisch SPrachStipendium in PAris
Mein Aufenthalt in Paris bei der Sprachschule ELFE vom 13. 04. – 20. 04. 2019
Zum ersten Mal hörte ich von Erasmus+ im Oktober 2018. Die Leiterin des Ressorts „Deutsch und Integration“ an der „Volkshochschule Esslingen“, hatte mich ermuntert, mich mit den Angeboten dieser Stiftung zu beschäftigen.
Am 13. April war es dann soweit. Nachdem die Formalitäten erledigt waren, hatte ich freie Bahn und traf in Paris ein. Es war ein sonniger, warmer Samstag, dessen angenehme, heitere Atmosphäre laut Wetterbericht noch die ganze nächste Woche anhalten sollte, was vor allem eines verhieß: lange, ausgedehnte Spaziergänge durch die Straßen der Stadt, die bekanntlich wie Schneisen in einen labyrinthischen Dschungel geschlagen zu sein scheinen. Die Lage des angemieteten, kleinen Apartments in Belleville (19. Arrondissement), in einem der typischen Einwandererviertel, unterstrich diese Absicht, und so machte ich mich am Montagfrüh zu Fuß in Richtung der Sprachschule auf, die sich in einem ganz anderen Stadtviertel befand.
Die Sprachschule ELFE befindet sich in der Rue Montmartre, kaum zweihundert Meter entfernt vom FORUM LES HALLES, einem Einkaufs -und Freizeitzentrum mit großen, teils überdachten freien Plätzen, die allgemein zum Verweilen einladen. Doch führte mich mein morgendlicher „Schulweg“ – dies allein eine Art von „Jungbrunnen“, denn wie selten ist es einem vergönnt, sich auf diese Weise an die weit zurückliegenden Tage der Jugend zu erinnern? – zunächst einmal über die abschüssige Rue du Faubourg du Temple hinab zur Place de la République, wo noch die eine oder andere einsame Parole an den Säulen von den Wochenendaufmärschen der so genannten „Gelbwesten“ erzählte. Von hier aus verlief mein Weg durch das verzweigte Netz der schmalen und beinahe menschenleeren Seitengassen des 2. und 3. Arrondissements, wo die Schritte der vereinzelt Gehenden hallten und die vielen heruntergelassenen Jalousien der kleinen Geschäfte, Bars und Läden sich wie mit letzter Kraft gegen die erwachte Geschäftigkeit der Metropole zu stemmen schienen.
Bei ELFE wurde ich von Frau Anne Lapeyre, der Direktorin des Instituts, freundlich empfangen. Nach einem Einstufungstest fand ich mich schließlich in einem laufenden B1-Kurs wieder, der lediglich von fünf weiteren Teilnehmern besucht wurde. Sie alle waren jung und von (unterschiedlicher) asiatischer Herkunft. Wie sich herausstellte, arbeiteten sie entweder bei ihren Familien in den einschlägigen Restaurants oder bereiteten sich gerade auf ein Studium an einer der Pariser Hochschulen vor.
Die in einem Hinterhof gelegene Sprachschule befindet sich in einem modernisierten, typisch französischen Bürgerhaus. Die überschaubare Anzahl von Unterrichtsräumen verteilt sich in dem kleinen, ein wenig gedrungen wirkenden Haus über drei Stockwerke, Die vielen Winkel, Dachschrägen und das freie Gebälk entfalten einen großen Zauber intimer Wohnlichkeit. Insgesamt hinterließ das Institut ELFE mit seinen sauberen und makellos weiß getünchten Räumen, seinem Foyer, der Kantine sowie dem freundlichen Portalpersonal den Eindruck weltoffener Seriosität.
Die fremdsprachlichen Grundlagen des Französischunterrichts selber basierten auf dem Lehrbuch ÉDITO (Niveau B 1). Im Kurs wurde von Montag (15. 4.) bis Freitag (19. 4.) der SUBJONCTIF eingeführt und behandelt. Von 9 – 12 Uhr vormittags wurde die Grammatik anhand von schriftlichen und mündlichen Aufgaben eingeübt, wobei die beiden, an wechselnden Tagen agierenden Lehrer die Kursstunden ausschließlich auf Französisch abhielten. Den schriftlichen Teil musste man dann in Form einer durchaus anspruchsvollen Hausaufgabe ausbauen.
Im Großen und Ganzen war der Unterricht in seiner Thematik erfreulich zeitbezogen. Überhaupt scheint das Pariser Institut ELFE, parallel zur Vermittlung der französischen Sprachkenntnisse, daran interessiert zu sein, die gesellschaftlichen, auch global sich vollziehenden Entwicklungen sozusagen durch die kritische Brille zu vermitteln. Im Einzelunterricht, um den mein Stundenplan ergänzt wurde, konfrontierte mich der Dozent mit dem Problem der (latent) rumorenden Konflikte, die von der sozial und gesellschaftlich isolierten, „Pariser Banlieue“ ausgehen, was unter Einbeziehung des französischen Films und der Sprache des französischen RAP geschah. In einer anderen Nachmittagsveranstaltung durfte ich zusammen mit einer kleinen Teilnehmergruppe eine Ausstellung in der Bibliothèque Forney (Rue du Figuier) besuchen. Die Kuratorin führte uns (in französischer Sprache) geduldig durch die bezaubernde, vielgestaltige Formenwelt der Künstlerin Jacqueline Duheme, die sich in Gestalt von Gemälden, Briefen, Kinderbuchillustrationen und Comicfilmen vor uns ausbreitete.
Fazit:
Die Möglichkeit, durch ein einwöchiges Sprachstipendium die eigenen (seit dem Abitur leider brachliegenden) Sprachkenntnisse aufzufrischen und zu ergänzen, war sehr belebend. In einigen Sprachkursen, die ich als Dozent in Deutschland selber halte, habe ich in zunehmendem Maß mit Personen afrikanischer Herkunft zu tun. Diese sind häufig französischsprechend aufgewachsen – ein Umstand, welcher bei mir den Wunsch hat aufkommen lassen, sich im Bedarfsfall mit ihnen auch in dieser Sprache verständigen zu können.
Nicht zuletzt trägt ein Sprachstipendium dazu bei die nicht selten vorhandene Hemmschwelle desjenigen, der sich in einer fremden Sprache ausdrücken möchte, zu mindern. Es zwingt einen nämlich, sich auf ein anderes Sprach- und Zeichensystem einzulassen. Dass dies direkt vor Ort, im europäischen Ausland, geschieht, ist bestimmt als Bereicherung zu verstehen. Denn auch außerhalb des zeitlich eng geschnürten Stundenplans war es in Paris schier unmöglich, sich den muttersprachlich verorteten und erst noch zu dechiffrierenden Alltagssystemen zu entziehen. Hierfür war die französische Hauptstadt nahezu ideal, kann sie doch mit einer einmaligen städtebaulichen Kulisse prunken, seien es die einheitlich sandfarbenen Fassaden ihrer Boulevards mit der schwarzen Grafik der Balkongitter oder die grün belaubten Alleen, die diese säumen … An diesem Ort jedenfalls vermittelte sich mir die zart illuminierte Aneignung des Fremden und Schönen auf eine ganz unverwechselbare und unvergessliche Weise.